Die Wikinger (Nordmänner)

Wikinger-Schiff Wikinger-Schiff

Die Wikinger (Nordmänner)

Über die Gründe, warum die Wikinger aus Nordeuropa ausschwärmten und in der westlichen Welt Angst und Schrecken verbreiteten, wird bis heute spekuliert. Es mögen wirtschaftliche oder bevölkerungspolitische Gründe gewesen sein, schiere Abenteuerlust oder auch Gier.

Tatsache bleibt jedoch, dass jene rauhen Gestalten aus Norwegen und Dänemark, die sich selbst Wikinger nannten nach dem skandinavischen vik für Bucht überall dorthin vorstießen, wo es etwas zu rauben und zu plündern gab. In ihren wendigen Booten, die bis zu 70 Männer aufnehmen konnten, landeten sie vorzugsweise an Flussmündungen, von wo aus sie flussaufwärts ruderten oder zur Not ihre Boote auch über Holzrollen über Land zogen.

Die Normannen tauchten überall an Europas Küsten auf, gelegentlich auch in Nordafrika und Russland. Etwa 200 Jahre lang, vom 8. bis zum Beginn des 10. Jh., machten die Nordmänner die Küsten südlich ihres Heimatlandes unsicher. Einige beschlossen, sich in den klimatisch angenehmeren und reicheren Gefilden niederzulassen, und in den meisten Fällen vermischten sie sich mit der vorhandenen Bevölkerung und adaptierten deren Kultur und Lebensweise.

Normandie-Region Haute-NormandieBild: Flagge der Normandie-Region Haute-Normandie

Die Normandie war das einzige Land, das sie als eigenständigen Herrschaftsbereich beanspruchten und dem sie nachhaltig ihren Stempel aufdrückten. Denn kriegerische Eroberer blieben sie auch, als sie längst französische Sprache und Gebräuche übernommen hatten, wie die Geschichte zeigen sollte. Erstmals tauchten die Nordmänner im Gebiet der heutigen Haute Normandie um das Jahr 800 auf. Blitzartig überfielen sie vorzugsweise die reichen Klöster, plünderten Dörfer und Städte und zogen mit allem, was in irgendeiner Form von Wert war, wieder davon. Der Einfachheit halber gründeten sie an den Flussmündungen Siedlungen, die als Basis für ihre Raubzüge flussaufwärts dienten. Von dort aus betrieben sie dann recht erfolgreichen Handel mit dem Raubgut.

Über die Seine drangen sie bis Rouen vor, das 841 verwüstet wurde, und schließlich bis Paris, wo sie allerdings erfolgreich zurückgedrängt wurden. Das karolingische Frankenreich, in dem die Normandie nur ein Randgebiet war, organisierte nur halbherzig und ziemlich erfolglos eine Art Küstenwache. Die Erben Karls des Großen waren mehr mit dem Streit untereinander beschäftigt. Nach Aufteilung des Riesenreichs wurden die Gegenmaßnahmen gegen die Wikinger jedoch verschärft. Man konnte immerhin verhindern, dass sie weiter in das Frankenreich eindrangen, sie jedoch nicht ganz zurückdrängen.

Die Wikinger hatten keinen König, sie folgten je nach Boot oder Bootsverband einem Anführer, der sich aber mit seinen Männern abzusprechen hatte. Einer dieser Anführer tat sich jedoch durch besondere Weitsicht, aber auch unnachgiebige Rücksichtslosigkeit hervor: Wrolf oder Rolf der Marschierer, dem die Legende nachsagt, dass er so stark gewesen sei, dass kein Pferd ihn jemals tragen konnte und er somit marschieren musste. Rollo, wie er sich später nannte, hatte mit seinen Kriegern das Seinetal seit fast 20 Jahren unsicher gemacht. Wegen des fränkischen Widerstands war es ihm unmöglich, weitere Eroberungen durchzuführen. Aber den Franken gelang es wiederum auch nicht, ihn ganz aus dem Land zu drängen. Eine Art Pattsituation, die von beiden Seiten kaum noch mit Feuer und Schwert zu lösen war. Rollo und sein Gegenspieler Karl der Einfältige (Charles le Simple) kamen zu der Einsicht, dass es Zeit für Verhandlungen war.

Im Jahr 911 trafen sich die Kontrahenten bei St-Clair-sur-Epte und schlossen jenen Vertrag, der als die Geburtsstunde der Normandie zu betrachten ist. Der Wikinger Rollo erhielt das Land zwischen Eure und Epte und verpflichtete sich, den König als Lehensherrn anzuerkennen und dafür Sorge zu tragen, dass die Wikinger in Schach gehalten wurden. Die Franken bezeichneten das Gebiet als Land der Nordmänner - Normandie. Zur Bekräftigung des Vertrags heiratete Rollo die Königstochter Gisela, obgleich er bereits mit der Tochter des Verteidigers von Bayeux, Poppa, verheiratet war. Kurz darauf ließ er sich taufen und legte sich den Titel Herzog zu. Ebenso wie beim Merowingerkönig Chlodwig fand die Taufe gewiss nicht aus religiöser Überzeugung statt. Immerhin opferte er auch weiterhin seinem alten Gott Odin. Er wollte vielmehr durch diesen Akt die Kirche auf seine Seite bringen und seinem jungen Herzogtum die Anerkennung des christlichen Abendlandes verschaffen.

Normandie-Wappen als SouvenirBild: Wappen der Normandie. Hätten die Wikinger gewusst, welcher Streit (Leopardenstreit) sich über 1000 Jahre später an der Zahl der Leoparden im normannischen Wappen entzündet, wären sie wohl nochmals in die Schlacht gezogen...

Durch sein politisches Geschick, das vermutlich durch Waffengewalt Nachdruck erhielt, wurden Rollo 923 auch die Gebiete westlich der Seine zugesprochen. Bald darauf dehnte sich der normannische Besitz bis zum Fluss Eu aus. Sein Sohn mit Poppa, Wilhelm Langschwert (Guillaume Longue-Épée), eroberte schließlich das Cotentin mit Avranches und bestimmte den Fluss Couesnon, der beim Mont Saint-Michel in den Ärmelkanal mündet, als Westgrenze der Normandie. Wilhelm Langschwert erhielt seinen Beinamen, weil er als erster die nordische Kurzklinge gegen das fränkische Langschwert eintauschte und somit ein Zeichen für die französische Assimilation der Normannen setzte. Doch das rauhe Naturell der Normannen, der ungezügelte Machtdrang und die Eroberungslust blieben unter dieser abendländisch zivilisierten Oberfläche erhalten. Wilhelm Langschwert wurde ermordet.

Sein Sohn Richard I. Ohnefurcht (Richard Sans-Peur) verschaffte sich durch seine Ehe mit der dänischen Königstochter Emma die Unterstützung des dänischen Königshauses. Richard II. erhielt von den christlichen Geschichtsschreibern das Prädikat der Gute (le Bon) zugestanden er zeichnete sich durch besondere Kirchenfreundlichkeit aus. Seine Schwester Emma wurde 991 mit dem angelsächsischen König Aethelred II. verheiratet, eine Verbindung, die den späteren normannischen Anspruch auf die englische Krone bekräftigte. Dessen Sohn Richard III. regierte nur kurze Zeit. Er wurde mutmaßlich vergiftet. Nutznießer dieses plötzlichen Todesfalls war sein Bruder, Robert der Prächtige (Robert le Magnifique), der als junger Mann eine Affäre mit der schönen Gerberstochter aus Falaise, Arlette, hatte. Aus dieser Verbindung ging ein Sohn hervor, der den Namen Wilhelm (Guillaume) und den Beinamen der Bastard erhielt, da seine Eltern niemals die Ehe schlossen. Arlette wurde nach Wilhelms Geburt mit einem Grafen verheiratet, und auch der Rest ihrer Familie kam zu Reichtum und Würden.

Foto: VoyageMedia für Normandie-Netz.de

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